Auf Einladung der SPD-Fraktion des Parlamentes im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL-Parlament) kamen Staatssekretärin Kerstin Griese zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Sarah Lahrkamp und dem Sozialdezernent des LWL, Johannes Chudziak, in die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, um sich vor Ort über die Umsetzung der Teilhabe am Arbeitsleben in der Praxis zu informieren.
Der Fraktionsvorsitzende der LWL-SPD, Karsten Koch, begrüßte die anwesenden Fraktionsmitglieder und Weitgereisten und bedankte sich für die Gastfreundschaft der Werkstätten, die zum zweiten Mal ihre Türen für die LWL-Politik öffneten. Der Leiter der Caritaswerkstätten, Alexander Lürwer, stellte dann die Standorte und die passgenauen Angebote für Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungsbildern vor. Neben den Arbeits- und Förderangeboten für geistig behinderte Menschen halten die Caritaswerkstätten auch besondere Arbeitsangebote für psychisch erkrankte Menschen oder Menschen mit erhöhtem Betreuungs- und Pflegebedarf vor. "Als Schwerpunktwerkstatt für gehörlose Menschen verfügen die Werkstätten über besondere bauliche Bedingungen und speziell geschultes Personal", so Lürwer.
Im Vergleich zu den übrigen Bundesländern werden schwerstmehrfach behinderte Personen in Nordrhein-Westfalen in den Werkstätten betreut. So ist es möglich, dass auch sehr stark eingeschränkte Beschäftigte an Arbeitsprozessen teilhaben können. Den Werkstattverantwortlichen war es wichtig, den Gästen während eines Rundganges durch die Räumlichkeiten insbesondere den Intensivförderbereich zu zeigen und Begegnungen mit stark gehandicapten Personen zu ermöglichen.
Eine lebhafte Diskussion entstand bei der Vorstellung der Vermittlung von Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. "Die Caritaswerkstätten haben ein großes Netzwerk an Firmen in den Kreisen Borken und Steinfurt, die Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stellen", erklärte Daniela Donnhäuser vom Team Integrationsassistenz der Werkstatt. 25 Vermittlungen in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis seien den Caritaswerkstätten Langenhorst in den letzten Jahren gelungen.
Staatssekretärin Griese hob hervor, dass gerade vor dem Hintergrund des Fach- und Arbeitskräftemangels die Unternehmen noch mehr tun müssten, um Menschen mit Behinderungen einzustellen. Es gäbe immer noch zu viele Arbeitgeber, die "bislang keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, obgleich sie dazu verpflichtet sind". Das müsse sich dringend ändern. Denn für so genannte "Null-Beschäftiger" habe sie kein Verständnis. "Unternehmen müssen endlich umdenken", betonte Kerstin Griese. Das neue Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts mache es für Arbeitgeber attraktiver, Menschen mit Behinderungen aus einer Werkstatt einzustellen.
Die Werkstattvertreter führten Stolpersteine auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt an, wie beispielsweise die unzureichende Übernahme von Fahrtkosten von Menschen mit Behinderungen zur Arbeitsstätte oder den ungenügend ausgebauten öffentlichen Nahverkehr in ländlichen Regionen. Sarah Lahrkamp stimmte dem zu, dass der ÖPNV stark verbesserungswürdig sei. Die Vertreter des Landschaftsverbandes versprachen, diese Hindernisse in den nächsten Sitzungen zu beraten.
Ein weiterer Höhepunkt des Austausches war ein Treffen mit der Frauenbeauftragten und den Werkstatträten der Caritaswerkstätten Langenhorst. Die Frauenbeauftragte Tanja Schiermann findet es unzureichend, dass mit der Einführung der Frauenbeauftragten für Werkstätten kein Mitbestimmungsrecht gesetzlich verankert wurde. Die Politikvertreter nahmen den Vorschlag dankend entgegen.
Die Werkstatträte, welche sich aus den gewählten Vertretern der behinderten Beschäftigten zusammensetzen, formulierten noch weitere Sorgen. Ihnen ging es insbesondere um die Entwicklung der Entgelte in den Werkstätten und sie stellten die Forderung nach einer finanziellen Unterstützung durch die Politik auf. "Aus unserer Sicht sollte der Staat einen Grundbetrag vom Arbeitsentgelt bezahlen und eine leistungsangemessene Steigerung sollte durch die Erlöse der Werkstätten finanziert werden", so die Forderung von Wolfgang Niehoff.
Kerstin Griese führte an, dass in den letzten Jahren eine Studie zum Entgeltsystem der Werkstätten erhoben wurde, deren Ergebnisse bald beraten würden. Eine weitere Sorge der Werkstattratsmitglieder zur Zukunft der Werkstätten wurde formuliert. "Wir fühlen uns alle sehr wohl an unseren Arbeitsplätzen", so Wolfgang Niehoff und deutete die öffentliche Diskussion um die Abschaffung der Werkstätten an. Die Staatssekretärin betonte "Viele möchten die Werkstätten abschaffen, wir möchten das aber nicht! In den nächsten Jahren wollen wir aber die Werkstätten weiterentwickeln." Mit vielen neuen Eindrücken und Begegnungen traten die Politiker ihren Rückweg an.
Die Caritaswerkstätten Langenhorst haben den sozialen und beruflichen Auftrag, Menschen mit Behinderungen aus dem südwestlichen Gebiet des Kreises Steinfurt und dem nördlichen Teil des Kreises Borken in das Arbeitsleben einzugliedern. An sieben Standorten in Ochtrup, Steinfurt und Emsdetten wird über 900 Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen ein Berufsbildungs- und Arbeitsplatz angeboten, der den individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten entspricht. In den Standorten PROTEC werden Rehabilitationsmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankungen angeboten. Die Caritaswerkstätten sind zudem Schwerpunktwerkstatt für gehörlose Menschen. Die Beschäftigten produzieren und erbringen Dienstleistungen für Industrie, Handwerk, Handel und die öffentliche Hand. Für die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stehen besondere Angebote zur Verfügung.