Zuvor feierte Pfarrer Dr. Jochen Reidegeld zusammen mit Prädikantin Anne-Grete Boltz von der evangelischen Kirchengemeinde den Gottesdienst mit allen Beteiligten in der St. Nikomedes-Kirche.
Andrea Jäger (links) und Verena Wilmer im Interview zur Praxis des Quartiersmanagements
In ihrer Ansprache während des Gottesdienstes gingen die beiden Quartiersmanagerinnen, Andrea Jäger und Verena Wilmer, auf die begonnene Arbeit des Nachbarschaftshauses ein. "Hier in der Borghorster Innenstadt gibt es viele Fachleute für ihr Leben, nämlich alle Menschen, die hier wohnen und leben. Sie leben in vielfältigen Beziehungen und nehmen ihre Interessen selbst in die Hand", so Andrea Jäger. "Als Quartiersmanagerinnen unterstützen wir dabei, Netze zu knüpfen, etwa zur Stadt, zu den einzelnen Caritas-Diensten, zu anderen Institutionen, zu den Menschen hier vor Ort, damit keiner durch das soziale Netz durchfällt und die Menschen sich selbst als wertvoller Teil der Gemeinschaft empfinden", so Andrea Jäger. "Diese Netze müssen wir - wie im Evangelium - auch immer wieder pflegen", so Verena Wilmer. "Wir halten Kontakte und suchen nach neuen Kontakten, mal persönlich, mal telefonisch, mal per E-Mail." Und weiter: "Wir versuchen, das, was schon da ist, wahrzunehmen. Und dann geben wir Anstöße, um mehr daraus zu machen. Was dann daraus wird, entscheiden die Menschen hier im Quartier."
Viel Sachverstand zur Quartiersentwicklung bei der Podiumsdiskussion (von links): Burkhard Baumann, Clemens Schulze Beiering, Hans Schröder, Christian Schmitt, Felix Manuel Nuss, Verena Wilmer, Claudia Bögel-Hoyer, Andrea Jäger, Karin Ohloff, Hedwig Overhoff, Ulrich Ahlke sowie der Vorsitzende des Seniorenbeirats, Ulrich Fischer, und Stadtratsmitglied Sebastian Buck (CDU)
Im Anschluss an den Gottesdienst konnte der Geschäftsführer des Domus Caritas gGmbH, Burkhard Baumann, im Kater Café am Kirchplatz eine illustre Schar an interessierten Gästen zur Podiumsdiskussion begrüßen. "Die heutige Veranstaltung sollte bereits vor eineinhalb Jahren zum Auftakt unseres Quartiersprojektes hier in Steinfurt-Borghorst stattfinden, aber Corona hat - wie bei so Vielem - auch hier unsere Planungen durchkreuzt", erklärte der Geschäftsführer. "Wir sind - trotz allem - schon mittendrin im Projekt angekommen. Es ist schon ganz viel los im Nachbarschaftshaus und wir dürfen heute mal hinein und den Akteurinnen über die Schultern schauen."
Bürgermeisterin Claudia Bögel-Hoyer spricht zu den Anwesenden ein Grußwort.
Bürgermeistern Claudia Bögel-Hoyer betonte in ihrem Grußwort, dass das Weberquartier mit seinem Nachbarschaftshaus eine Aufwertung und Bereicherung für den Stadtteil darstellt. Zusammen mit dem benachbarten Gesundheitscampus, der im Entstehen ist, wird die Transformation von einem Textil-Standort zum sozialen Stadtteil vollzogen, so Bögel-Hoyer, die sich bei allen Beteiligten für ihr Engagement bedankte.
Die Projektberaterin Hedwig Overhoff resümierte die vergangenen fast zehn Jahre der Projektentwicklung im Weberquartier. Neben der Bereitstellung ambulanter Dienstleistungen, dem Betreuten Wohnangebot und der Tagespflege gehören vor allem die "Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch den Bau des Nachbarschaftshauses sowie die Initiierung von Nachbarschaftshilfen" zu den grundlegenden Bausteinen des nun umgesetzten Quartierkonzepts. "Das Nachbarschaftshaus versteht sich als ein Ort, der grundsätzlich für alle Borghorster Bürgerinnen und Bürger geöffnet ist, mit bedarfsorientierten, zielgruppenspezifischen und offenen Angeboten", so Hedwig Overhoff. Als Symbol für die weitere Entwicklung und das Wachstum der Arbeit im Weberquartier schenkte Overhoff dem Nachbarschaftshaus mit einem Augenzwinkern einen Obstbaum, "damit Sie in den nächsten Jahren auch essbare Früchte ernten können".
Der Einrichtungsleiter des benachbarten Heinrich-Roleff-Hauses, Clemens Schulze Beiering, überbrachte gute Wünsche für das Nachbarschaftshaus Michael und betonte, dass sich die beiden Einrichtungen der Domus Caritas bei Bedarf selbstverständlich gegenseitig unterstützen.
Professor Dr. Felix Manuel Nuss von der Katholischen Hochschule in Münster spricht zur "Quartiersentwicklung als notwendiges Element der sozialen Stadtentwicklung".
Auf die "Quartiersentwicklung als notwendiges Element der sozialen Stadtentwicklung" ging Professor Dr. Felix Manuel Nuss von der Katholischen Hochschule in Münster in seinem Fachvortrag ein. Dabei gehe es etwa "um die Mitgestaltung von lokalen Verhältnissen, die es Menschen ermöglichen, besser und selbst bestimmter ihr eigenes Leben zu führen, zudem um Integration und Inklusion einzelner Menschen und Gruppen ins Gemeinwesen durch Teilhabe- und Partizipationsprozesse, um eine Unterstützung von Vielfalt und Diversität sowie um die Unterstützung einer aktiven Zivilgesellschaft", so Nuss. So sei die Quartiersentwicklung des Nachbarschaftshauses Michael in der Tat ein notwendiges Element moderner Stadtentwicklung, weil sie Gemeinschaft stiftet, Raum für Austausch schafft und somit ein "handlungsfähiges Wir" zur Partizipation fördert.
Karin Ohloff, Bewohnerin im Weberquartier, berichtete von ihrem ehrenamtlichen Engagement, sich für einen Spieletreff im Nachbarschaftshaus einzusetzen. "In Gemeinschaft macht das Leben einfach mehr Spaß, denn Gemeinschaft verhindert Einsamkeit." Wenn es das Nachbarschaftshaus nicht geben würde - "das wäre schlecht", so Karin Ohloff.
Neben seiner Funktion als Sozialdienstleister verstehe sich der Caritasverband auch als Solidaritätsstifter und Anwalt für Benachteiligte, wie es das Konzept der sozialen Stadtentwicklung vorsehe, erklärte Geschäftsführer Burkhard Baumann. "Mich begeistert geradezu, dass wir mit dem Nachbarschaftshaus unsere Palette an Angeboten noch einmal erweitern konnten." Mit dem Quartiersmanagement unterstütze die Domus Caritas, dass sich Menschen im Quartier näher kennenlernen und sich im Bedarfsfall auch gegenseitig niedrigschwellig helfen und unterstützen können. "Natürlich wünschen wir uns dafür auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Steinfurt und ihre Unterstützung für unser Tun."
Der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes in Münster, Dr. Christian Schmitt, weist auf die Chancen der Quartiersentwicklung für die Kirchen-Gemeinden hin.
Der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes in Münster, Dr. Christian Schmitt, betonte, dass Kirchen-Gemeinden grundsätzlich in Stadtvierteln oder Ortschaften beheimatet seien. "Von unten wächst die Zivilgesellschaft, so auch die Kirchen-Gemeinden, allerdings heutzutage nicht mehr auf traditionelle Weise", so Christian Schmitt. Daher könne das Quartiersmanagement auch eine Gemeinde auf neue Weise entwickeln helfen. "Denn der Sozialraum ist auch pastoraler Raum. Dort entfaltet sich Gemeinde und Kirche." Vieles könne aus dem christlichen Glauben entwickelt werden, warb Schmitt für ein Engagement. Der christliche Glaube stelle für eine solche Quartiersentwicklung viel Motivationspotential zur Verfügung.