Borghorst/ Bistum Münster (cpm). Gisela Menke fühlte sich einsam. Gesundheitlich angeschlagen, aus dem Beruf ausgeschieden, nicht mehr so mobil - die 81-Jährige konnte viele soziale Kontakte nicht mehr halten. Das Wort "Einsamkeit" aber kam ihr nicht in den Sinn, sagt sie rückblickend. "Natürlich war mir manchmal langweilig und ich wurde beim Aufräumen meiner Wohnung immer penibler - aber dass ich einsam war, hätte ich nie so gesagt."
Das ist ein typisches Phänomen. Menschen, die aufgrund von Umzug, Alter, Krankheit oder anderer Lebensveränderungen in eine soziale Isolation gelangen, gestehen sich ihre Situation selten als "Einsamkeit" ein. Auch bei Menke brauchte es den Impuls ihrer Familie, die bemerkte, dass sie sich im Alltag immer mehr zurückzog. Ein Flyer des Quartiersmanagements der Domus Caritas gGmbH in Borghorst gab den richtigen Impuls. Dort bieten ehrenamtliche "Weg-Gefährten" an, mit Besuchen, Alltags-Hilfen und gemeinsamer Freizeitgestaltung den Kreislauf aus sozialem Rückzug, wegbrechenden Kontakten und dem Gefühl der Einsamkeit zu durchbrechen.
Oliver Storck wurde vor fast zwei Jahren ihr Weg-Gefährte. "Ich wohne in der Nähe und so war nach der Anfrage vom Quartiersmanagement schnell klar, dass mein Einsatz hier passen würde." Seither ist der Betreuer in der Krankenpflege in seiner Freizeit regelmäßig Gast bei Gisele Menke. "Einkäufe, Begleitung zum Arzt, kleine Reparaturarbeiten im Haus…", zählt er auf. "Wann immer es geht, gehen wir aber an die frische Luft." Was ihr besonders viel bedeutet, kommt sie mit ihrem Rollstuhl doch nur noch selten hinaus.
Es sind Projekte wie diese, die der neu gegründeten Stiftung für Gesellschaft und Zusammenhalt unter dem Dach der Caritas Gemeinschaftsstiftung für das Bistum Münster am Herzen liegen. Sie will Initiativen unterstützen, die dazu beitragen, Begegnung zu ermöglichen, Austausch zu fördern und soziales Engagement zu unterstützen. Ziel ist es, die demokratische Gesellschaft zu stärken und widerstandsfähig gegen extremistische sowie populistische Einflüsse zu machen.
In dem wachsenden gesellschaftlichen Phänomen der "Einsamkeit" sehen die Initiatoren der Stiftung einen wichtigen Bereich dafür. Viele Menschen erfahren sie gerade zur Weihnachtszeit intensiv. "Sie betrifft dabei nicht nur alte Menschen, sie findet sich in jeder Generation in unterschiedlichen Formen wieder", sagt der Geschäftsführer der Caritas Gemeinschaftsstiftung, Tobias Glose. "Die Auswirkungen auf gesellschaftliche Teilhabe oder auf psychische und körperliche Gesundheit können groß sein."
Einsamkeit ist damit nicht nur ein Phänomen, sondern wird auch zur Gefahr für eine demokratische Gesellschaft, in der sozialer Zusammenhalt eine zentrale Rolle spielt, sagt Glose. "Wer betroffen ist, fühlt sich im Stich gelassen, ist von der Gesellschaft enttäuscht." Auch die Politik habe das in den vergangenen Jahren in den Blick genommen. "Aber gerade caritative Projekte und gemeinnützige Initiativen setzen der Entwicklung etwas entgegen." Mit den Mitteln der Stiftung für Gesellschaft und Zusammenhalt sollen genau diese gefördert werden.
Der Wandkalender von Gisela Menke ist mittlerweile gut gefüllt. Storck hat es nicht bei seinen Besuchen belassen. Er hat sie auch zu den verschiedenen Angeboten der Caritas in Borghorst mitgenommen. Die Seniorin ist regelmäßig im Café "Klönschnack" im Nachbarschaftshaus und singt dort auch in einem Chor. Es haben sich viele Kontakte und Freundschaften ergeben. Das erleben die beiden auch, wenn sie sich gemeinsam zum Café im Ortskern aufmachen. Storck muss den Rollstuhl immer wieder bremsen, damit die Menschen seine Begleiterin begrüßen und kurz mit ihr "klönen" können. Einsam fühlt sie sich nicht mehr.
Die Stiftung für Gesellschaft und Zusammenhalt der Caritas für das Bistum Münster dankt für eine Spende oder Zustiftung für Projekte gegen Einsamkeit: https://www.caritas-bistum-muenster.de/gemeinschaftsstiftung